Kikeriki. In gleichmäßigen Abständen immer wieder: Kikeriki. Kann hier bitte jemand seinen Handywecker ausschalten? Kikeriki, es hört nicht auf. Es muss wohl doch ein echter Hahn sein. Er hat Freude – anscheinend haben dem Gockel die Bratwürste gestern Abend ebenso gut geschmeckt als uns.
Es regnet. So müssen wir mit Theorie in der Hütte die Ausbildung beginnen. Was kann es für begeisterte Bergsteiger schlimmeres geben als Theorie? Zum Glück hört der Regen im Laufe des Vormittags auf und wir gehen die wenigen Meter hinab auf den Gletscher. Die Hütte liegt ideal. Wir üben ein paar Grundlagen mit Steigeisen, wie wir uns auf dem Gletscher gegen Spaltensturz anseilen und an einem Windkolk üben wir zum ersten Mal die Spaltenbergung.
Da die Triffthütte von einer Lawine beschädigt wurde, sind wir zum diesjährigen Grundkurs Eis zur benachbarten Tierberglihütte aufgestiegen. Leider mussten aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen einige Teilnehmer kurzfristig absagen, sodass wir nur zu viert in die Schweiz gefahren sind.
Kikeriki, Kikeriki, Kikeriki… Der Hüttengockel scheint heute besonders gute Laune zu haben. Wir auch, als wir aus dem Fenster schauen. Das Grau in Grau von gestern ist einer malerischen, farbenfrohen Hochgebirgslandschaft gewichen. Heute ist learning by doing angesagt. Die Ausbildungstour zum Sustenhorn beginnt auf einem flachen Gletscher. Doch bald ändert sich das Ambiente und wir müssen ständig Gletscherspalten ausweichen. Mit viel Spürsinn suchen wir uns den Weg durch das Labyrinth. Aus unserer Gruppe rutscht auch mal jemand bis zur Hüfte in eine Spalte. Gleichzeitig rutscht das Herz in die Hose. So etwas kann man nicht erklären, das muss man selbst sehen und vor allem erleben. Die Gletscher sind hier (noch) deutlich dicker und mächtiger als in unserer Ecke der Alpen. Die Eindrücke und Lerneffekte sind großartig, sodass sich die weite Fahrt jedenfalls gelohnt hat.
Schon an den nächsten Morgen denkend, wünschen wir uns zum Abendessen gegrillten Gockel. Doch es gab ein sehr leckeres Putengeschnetzeltes.
Wir haben einen weiteren wundervollen Tag und üben, wie man eine kurze Steilstelle am laufenden Seil überwinden kann und vieles weiteres mehr.
Kikeriki – heute ein wenig verhalten. Unter dunkelgrauen Himmel werden wir nur mit viel Glück beim Hüttenabstieg nicht nass.
Kursleitung, Fotos und Bericht: Stefan Stadler