Aufgestanden wird, wenn der Kaffee fertig ist. Zum Essen gibt’s, was du im Rucksack hast. Du legst deinen Hüttenschlafsack auf die Matratze, wo noch Platz frei ist. Speisekarte, Bettenplan und weiteres so unnützes Zeugs, braucht es hier nicht. Auf der Oberreintalhütte ist alles so einfach. Den einmaligen Charme dieser urigen Selbstversorgerhütte zu erleben, hatte ich schon jahrelang auf meiner Liste. Ich hatte schon lange Sehnsucht, den tollen Fels im abgelegenen Hochtal mit meinen Fingern zu packen. Bequem fuhren wir mit der Bahn nach Garmisch-Partenkirchen und der restliche Anreisetag war mit einem langen Hüttenanstieg ausgefüllt.
Gleich am ersten Tag sollte mit der Fahrradlkant’n am Oberreintalturm, der große Klassiker fallen. Dieser sieht von der Hütte gesehen gar nicht wie ein Turm aus. Doch nach den wenigen Minuten Zustieg ändert sich die Perspektive zum Guten: Die Südwestkante pfeift in gerader Linie nach oben und endet, spitz zulaufend, im Himmelblau. Ein echter Turm! So ist die Route klar, doch ein Schild markiert zusätzlich den Beginn des Radweges. Wir packen die Schuppen an der steilen Kante - die Tour packt uns. Es werden schöne Bewegungen gefordert, die richtig Spaß machen. Die rauen Griffe sind perfekt angeordnet – kein professioneller Routenschrauber dieser Welt hätte es besser hinbekommen. Wir sind maximal begeistert. Und dann hängt es da oben: Das alte verrostete Fahrrad, dass diese Tour so berühmt macht. Einen Obelisken umgehen wir nördlich und so werden beeindruckende Tiefblicke zur Hütte frei. Was steht denn da unten auf der Wiese mit Steinen geschrieben? GEHTSCHOOO, jDAV, AC/DC, FKK und natürlich H.m.l.a.A. Der Fels ist nicht nur am Oberreintalturm, sondern im gesamten Tal wirklich Spitze. Wir klettern noch die Schmankerl, ebenfalls am Oberreintalturm und die Herbst/Teufel an der Unteren Schüsselkarspitze.
Am letzten Tag ist Regen angekündigt – aber erst am Nachmittag. In der Gruppe stand nie zur Debatte, gleich am Vormittag ins Tal abzusteigen. Wir gingen selbstverständlich noch mal klettern. Es sollte die MILKA mit dem Direkteinstieg auf den Berggeistturm sein. Es passierte, was passieren musste: vollkommen durchnässt, aber mit hochgezogenen Mundwinkeln sind wir wieder in Garmisch-Partenkirchen eingelaufen.
Tourenleitung, Fotos und Bericht: Stefan Stadler